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Offene Arbeit vor der Wahl

Wahlprogamme der sechs in der Bürgerschaft vertretenen Parteien vor der Bürgerschaftswahl am 23. Februar 2020 – wer schreibt was bezüglich der Offenen Arbeit.

AfD – „Wahlprogramm der AfD Hamburg für die Bürgerschaftswahl 2020

Die AfD erwähnt mit keinem Wort die Offene Kinder- und Jugendarbeit. Dies gilt auch für die Familienförderung und für die Jugendsozialarbeit. Unter Hamburger Kinder- und Jugendeinrichtungen versteht diese Partei lediglich die stationäre Heimerziehung. Erziehung ist fast ausschließlich Familiensache.

„Familien sind das Fundament und die Stütze jeder Gesellschaft. Sie sind unersetzbar und stehen unter dem Schutz des Grundgesetzes. In der Familie sorgen Mutter und Vater in dauerhafter gemeinsamer Verantwortung für ihre Kinder. (…) Kinder garantieren das Fortleben einer Gesellschaft. Darum muss das Kindeswohl im Fokus von Eltern und Gesellschaft stehen. Kindern muss die bestmögliche Entwicklung in einer sicheren, gewaltfreien Umgebung zukommen. (…) Elternteile, ganz gleich ob männlich oder weiblich, die beispielsweise für Kinderbetreuung oder die Pflege von Angehörigen zu Hause bleiben, sollen finanziell und gesellschaftlich denjenigen gleichgestellt werden, die für diese Aufgaben staatlich geförderte Erziehungs- oder Pflegeeinrichtungen in Anspruch nehmen. (…) Unsere Familienpolitik hat zum Ziel, dass Familien prinzipiell vom Vollerwerbs-Einkommen einer Person ihr Leben bestreiten können. (…) Die AfD Hamburg lehnt die derzeit praktizierte Form des „Gender Mainstreaming“ ab. Gender Mainstreaming marginalisiert naturgegebene Unterschiede zwischen den Geschlechtern und stellt die natürliche geschlechtliche Identität in Frage. Sie will die klassische Familie als Lebensmodell und Rollenbild abschaffen. (…) Die AfD will, dass sich die Familienpolitik am Bild der Familie aus Vater, Mutter und Kindern orientiert,  wie es das Grundgesetz vorsieht.“ (S35 – 37)


CDU – „Für eine zusammenwachsende Stadt

„Die offene Kinder- und Jugendarbeit leistet zudem einen wichtigen niedrigschwelligen Beitrag zur Kinder- und Jugendarbeit. Wir wollen dieses Angebot erhalten und zielgerichtet stärken.“ (S.64)

Zur Enquete-Kommission:
„Die Empfehlungen der Enquete-Kommission „Kinderschutz und Kinderrechte stärken“ wollen wir umsetzen, wo nötig aber auch darüber hinausgehen.“
(diesbezüglich keine weiterführende Aussage, S. 64)

Jugendhilfeplanung: „Wir brauchen Jugendämter, die personell gut ausgestattet sind und ihrer Unterstützungs- und Kontrollfunktion, zum Beispiel gegenüber Pflegefamilien  und Betreuungseinrichtungen, besser nachkommen können. Wir wollen in Qualifikation, Qualitätsmanagement und Jugendhilfeplanung investieren. Außerdem wollen wir die sozialen Berufe attraktiver machen und die Überlastung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verhindern.“ (S. 64)


FDP – „Programm der Hamburger Freien Demokraten zur Wahl der Bürgerschaft am 23. Februar 2020

Offene Kinder- und Jugendarbeit
„Die offene Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) hat eine wichtige Funktion, denn Kinder und Jugendliche können ihre Freizeit dort selbstbestimmt und weitgehend selbstorganisiert gestalten. Gerade Kinder aus gefährdeten Familien brauchen die OKJA, um Selbstbewusstsein und Stärke zu entwickeln, um sich gegen Gewalt und Vernachlässigung in der Familie wehren zu können. Weitere Kürzungen in diesem Bereich lehnen wir daher ab. Gleichwohl müssen die Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit auf die sich verändernde Schullandschaft reagieren. Kooperationen zwischen Schulen und Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit in ihrer Nachbarschaft möchten wir fördern. Wir wollen die Bedarfe der OKJA evaluieren und so ausrichten, dass mindestens 10 % der Kinder und Jugendlichen von den Angeboten erreicht werden.“

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen
„Kinder und Jugendliche sind Experten für ihre eigenen Interessen und Lebenslagen. Wir möchten eine bessere und regelhafte Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in den Bezirken bei allen Fragestellungen, die ihr Leben direkt betrifft. Dies stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt und wirkt Politikverdrossenheit aktiv entgegen.“

Enquete-Kommission:
„Wir setzen uns dafür ein, die Umsetzung aller Empfehlungen voranzutreiben und regelmäßig nachzuhalten.“ (Hier ist nicht klar, ob diese Aussage sich nur auf den Kinderschutz und die Abwendung der Kindeswohlgefährdung bezieht oder alle Jugendhilfebereiche meint)
(FDP-Wahlprogramm, S.76 und 77)


SPD – „Zukunftsstadt Hamburg – lebenswert, wirtschaftsstark und klimafreundlich für Alle – SPD-Regierungsprogramm 2020 – 2025

OKJA:
Die SPD führt die Offene Kinder- und Jugendarbeit unter der Rubrik „Zukunft Bildung“, allerdings ohne weitere Ausführungen.

„Kinder und Jugendliche benötigen auch außerhalb von Schule und Bildungsangeboten ausreichend Freiräume zur Teilhabe in unserer Gesellschaft und zur Entwicklung der eigenen Persönlichkeit. Wir werden in allen Stadtteilen sozialräumlich orientierte niedrigschwellige Angebote vorhalten und die offene Kinder- und Jugendarbeit weiter fördern.“ (S. 69)

Die SPD stellt die Bedeutung von Schulen, die Ganztagsbetreuung und ihren weiteren Ausbau in den Vordergrund, was sich auf die Arbeit der Einrichtungen der OKJA weiter auswirken wird:

„Hamburgs Schulen haben sich zu Orten entwickelt, an denen Kinder und Jugendliche nicht nur fachlich gut ausgebildet werden, sondern auch ein gutes soziales und demokratisches Miteinander, Gemeinschaft und Rücksicht lernen. In einer Gesellschaft mit wachsenden wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, sprachlichen und politischen Fliehkräften haben unsere Schulen eine besondere Bedeutung als Orte der Begegnung, der Erziehung sowie der Vermittlung, Vergewisserung, Reflexion und Einübung von gemeinsamen Werten.

Deshalb haben wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten seit 2011 dafür gesorgt, dass alle Hamburger Schulen ihren Schülerinnen und Schülern eine kostenlose und qualitativ hochwertige Ganztagsbetreuung bieten. Hierzu wurde nach Einigung mit der Initiative „Guter Ganztag“ ein Sonderfonds mit einem Volumen von zusätzlich 25 Millionen Euro eingerichtet. Hieraus kann z. B. die räumliche Situation im Ganztag verbessert werden. Das Ganztagsangebot kommt so gut an, dass rund 85 Prozent aller Grundschulkinder nachmittags gern in der Schule bleiben, um dort Freunde zu treffen, zu spielen, Hausaufgaben zu machen oder bei Freizeit- und Bildungsangeboten mitzumachen. Diese Nachmittagsangebote wollen wir weiterentwickeln.“ (S. 68 und 69)

Kinder- und Jugendbeteiligung:
„Gerade in Zeiten des gesellschaftlichen Wandels ist es wichtig, die Beteiligung an und in der Stadtgesellschaft auch generationenübergreifend voranzubringen. Deshalb wollen wir nach dem Vorbild des bundesweit vorbildlichen Seniorenmitwirkungsgesetzes ein ebenso vorbildliches Jugendmitwirkungsgesetz verabschieden, um die junge Generation noch verbindlicher an der Gestaltung der Zukunft der Stadt zu beteiligen.“

Enquete-Kommission und Kinderrechte
„Die von uns eingerichtete Jugendhilfeinspektion werden wir unter Einbeziehung der Empfehlungen dieser Kommission weiterentwickeln.“

„Wir werden uns weiterhin – auch im Bund – dafür stark machen, dass Kinderrechte ins Grundgesetz kommenund die Perspektive von Kindern und ihr Wohl ausschlaggebend bei allen unseren Aktivitäten sind.“
(beides auf S. 65)


BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: „HAMBURG HAT EINE WAHL – Grünes Zukunftsprogram für unsere Stadt.

OKJA, Kinderrechte, Empowerment:
„Die Angebote der offenen Kinder- und Jugendarbeitkonnten wir in den letzten Jahren wieder finanziell stärken. Sie leisten einen besonders wichtigen Beitrag und schaffen abseits von Institutionen und Elternhaus Räume für Selbsterfahrung und Selbstorganisation von Interessen. Solche Räume schafft auch die Jugendverbandsarbeit, die durch die flächendeckenden Ganztagsschulangebote noch stärker als bisher auf eine gute Kooperation mit Schulen angewiesen ist, für die wir mehr Ressourcen bereitstellen wollen. Auch in diesen Bereichen wollen wir noch mehr für die Stärkung von Kinderschutz und Kinderrechten tun, um Erwachsene und Kinder in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit und der Jugendverbandsarbeit zu empowern.“ (S.53)

Enquete-Kommission:
„Eine Enquete-Kommission der Hamburgischen Bürgerschaft hat in der letzten Legislatur gemeinsam mit Expert*innen einen langen Forderungskatalog entwickelt, mit dem der Kinderschutz und die Kinderrechte noch weiter gestärkt werden sollen. Diese Empfehlungen wollen wir in den kommenden fünf Jahren umsetzen.“ (S. 52)

Kinderrechte:
„Kinder haben Rechte! Die UN-Kinderrechtskonvention schreibt diese fest und wir GRÜNEN wollen sie auch im Grundgesetz verankern. Doch das allein würde nicht dafür sorgen, dass wirklich alle Kinder im Alltag gleiche Rechte und Chancen haben.“ (S. 52)

Kinder- und Jugendbeteiligung:
Zu den Kinderrechten gehört auch das Recht auf freie Meinungsäußerung und Beteiligung an Entscheidungen. In den Hamburger Bezirken gibt es unterschiedliche Wege, die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen zu organisieren, von denen auch oft Gebrauch gemacht wird.“ (S. 54)


DIE LINKE – „Wem gehört die Stadt? Das solidarische Hamburg von morgen erkämpfen! Wahlprogramm Die Linke

OKJA
„Die Kommunen müssen für eine gute Kinder- und Jugendsozialarbeit sorgen. Die Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit sowie die Familienzentren haben trotz des Ausbaus der Ganztagsschulen eine wichtige Funktion. Sie bieten informelle, selbstbestimmt und gemeinschaftlich zu nutzende Erfahrungsspielräume. Außerdem entlasten sie die Familien im Alltag. DIE LINKE fordert deshalb den Aus- und Neubau dieser Einrichtungen, den Bau weiterer Kinder- und Familienzentren und eine auskömmliche finanzielle und personelle Ausstattung. Der Mindeststandard sollte zwei Vollzeitstellen betragen.

Hamburg weist zurzeit 47 Baugebiete mit jeweils mehr als 500 Wohneinheiten auf. Doch die Zahl der Kinder- und Jugendeinrichtungen, vor allem im offenen Bereich, wächst nicht mit. Von ehemals 278 Einrichtungen vor der Kürzungswelle im Jahr 2012 und weiteren Schließungen seit 2015 sind noch 253 übriggeblieben. DIE LINKE fordert die Wiedereinführung der Richtlinie, wonach in Neubaugebieten mit mehr als 500 Wohneinheiten Angebote der Kinder- und Jugendsozialarbeit zu schaffen sind. Dies wäre vor allem in sozial benachteiligten Stadtteilen ein Beitrag gegen die Verfestigung der Armut.“ (S. 21)

Enquete-Kommission
„Eine Neuausrichtung der Kinder- und Jugendhilfe ist überfällig. Die Lebensweltorientierung in der Kinder- und Jugendhilfe ist zu stärken. Jugendhilfe, die nicht in einer Defizitorientierung aufgeht, sondern sich als Jugendförderung versteht und damit auf progressive Veränderungen in der Lebenswelt zielt, muss einhergehen mit politisch strukturellen Veränderungen. Dies ergibt sich nach Ansicht der LINKEN aus den Erkenntnissen der Enquete-Kommission „Kinderschutz und Kinderrechte weiter stärken“, die 2016 eingesetzt wurde. Zwei Jahre lang wurde die Hamburger Jugendhilfe auf den Prüfstand gestellt. Im Abschlussbericht der Kommission wurden 70 Empfehlungen für eine Reform ausgesprochen. Das war ein großer Erfolg für DIE LINKE, die jahrelang diese Kommission gefordert hatte und letztlich durchgesetzt hat. Dem Jugendhilfesystem ein paar Pflaster aufzukleben, wird nicht reichen. Das in der Jugendhilfe aktuell leitende Prinzip der Kostendeckung sowie das Effektivitätsdenken, vor dessen Hintergrund die freien Träger in Konkurrenz zueinander treten und darüber ihre je inhaltliche Qualität tendenziell verlieren, gehört überwunden. DIE LINKE will weniger Kontroll- und Dokumentationspflichten in der Jugendhilfe. Die Mitwirkungsrechte von Kindern, Jugendlichen und Eltern müssen gestärkt werden. Die Beziehungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen muss im Vordergrund des pädagogischen und jugendamtlichen Handelns stehen.“

Kinder- und Jugendbeteiligung
„DIE LINKE will ein Beteiligungsgesetz, das Kindern, Jugendlichen und Eltern eine weitgehende Mitwirkung an der Jugendhilfeplanung gewährt. Sie sollen gemeinsam mit den Einrichtungen, Vereinen und Institutionen über die Angebote selbst entscheiden können. Dafür sollen auskömmlich ausgestattete, steuerlich finanzierte Budgets in rechenschaftspflichtiger Selbstverwaltung zur Verfügung gestellt werden. Jugendverbandsarbeit und selbstorganisierte Jugendgruppen müssen gestärkt werden. Sie und die offene Kinder- und Jugendarbeit haben einen eigenständigen demokratischen Bildungsauftrag und müssen genauso wie die Jugendhilfe gestärkt werden.“

Ombudsstellen
„Wir setzen uns für unabhängige Ombudsstellen in den Bezirken ein, die mit qualifiziertem Personal ausgestattet werden müssen. Bisher gibt es so etwas nur in Hamburg-Mitte. Ombudsstellen sollen Familien helfen, die Probleme mit Sozialen Diensten, Einrichtungen der Jugendhilfe oder mit einem gesetzlichen Vormund haben.“ ( S. 53 und 54)

Zusammengetragen von René Plettner und Volker Vödisch

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